18. März 2025
Möglichkeiten der Telemedizin ausgelotet
Pressebericht: Projekt mit vielen Beteiligten hat Möglichkeiten der Telemedizin ausgelotet. Fachleute von „5G-Telerettung“ begeistert
KREIS BORKEN. Mal eben von unterwegs die Mails abrufen, Fotos verschicken ein Video versenden: Die Datenübermittlung unabhängig vom Internetanschluss zu Hause ist für fast jeden längst Alltag. Wie man mit moderner Datenübermittlung und -technik Leben retten und Patienten besser versorgen kann, das haben der Kreis Borken und andere Beteiligte seit Ende 2021 beim Projekt „5G Telerettung“ ausprobiert. Zum Ende der Projektfrist haben die Verantwortlichen jetzt Bilanz gezogen – und sich begeistert gezeigt von den Möglichkeiten, die die Technik jetzt schon, aber gerade auch für die Zukunft bieten kann.
„Der Mehrwert ist ganz enorm“, sagt Hanjo Groetschel, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst beim Kreis Borken, mit Blick darauf, was die Projektbeteiligten so alles getestet und für hilfreich befunden haben. Können derzeit schon die wichtigsten Vitaldaten wie Blutdruck und Co. oder auch Bilder vom Notarzt- oder Rettungswagen im Telenotarztsystem übermittelt werden, so habe das „5G-Projekt“ ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Für eine ländliche Region wie den Kreis Borken sei die Ultraschall-Übermittlung die mit dem vielleicht größten Nutzen, sagt Groetschel. Sie ermögliche es nicht nur, von unterwegs schon wichtige Erstdiagnosen zu übermitteln, sondern erlaube es der Rettungswagenbesatzung, frühzeitig das richtige Krankenhaus anzusteuern. Wenn man wisse, dass eine per Ultraschall festgestellte Verletzung besser in Klinik A als in Krankenhaus B versorgt werden könne, dann könne das gerade in ländlichen Regionen vielleicht überlebenswichtige Minuten sparen helfen. Dem Praxiseinsatz komme dabei entgegen, dass die nötigen Sonografie-Geräte nicht mehr – wie früher – regelrechte Techniktürme seien, sondern kleine, smartphoneähnliche Geräte die bei der Übermittlung dafür sorgten, dass alle wichtigen Daten ins Klinik-System übertragen werden.
Auch das sogenannte „Tele-Konsil“ sei ein Mehrwert, den eine schnelle Datenübertragung bieten könne, betonen Groetschel und Projektleiter Dr. Mark Verjans, im Pressegespräch. Bei so einem Telekonsil berät ein (Fach)-Arzt seinen Kollegen, der vor Ort einen Patienten betreut und Fragen zu einer bestimmten Behandlung hat. Das geht bei „normaler“ Datengeschwindigkeit im Gespräch, bei einem System mit 5G-Datenturbo bieten sich ganz andere Einsatzmöglichkeiten, auch weil es quasi keine zeitliche Verzögerung beim Austausch der Fachleute gibt. Und: Gerade bei kniffligen Fällen oder solchen, bei denen beispielsweise die besondere Expertise von Kinderärzten gefragt sei, sei so eine Hilfe vielleicht lebensrettend.
Gut funktioniert hat nach Angaben der Fachleute auch die Übermittlung komplexer Beatmungsdaten und der Einsatz sogenannter „Smart Glasses“. Das sind Brillen, die es ermöglichen, dass ein weitab vom Einsatz- oder Unfallort entfernter Mediziner quasi „mitsehen“ kann. Solche Brillen ermöglichen es zudem, dass Daten oder auch Navigationselemente ins Blickfeld eingespielt werden können und der Helfer von außerhalb dem Fachmann vor Ort optische Hinweise „einspielt.“
Auch wenn viele dieser Dinge bislang nur Teil des Forschungsprojekts sind, so haben Kreis und die anderen Partner sie schon intensiv auf Herz und Nieren getestet. So hat das Personal der Rettungswagen schon eine Reihe von telemedizinischen Funktionen ausprobiert und ist daran geschult worden. Gleichzeitig sind die Neuerungen auch unter realistischen Bedingungen ausprobiert worden. Ob die Datenübermittlung klappt wurde beispielsweise nicht nur unter „Laborbedingungen“ im Campusfunknetz an der Westfälischen Hochschule in Bocholt ausprobiert, sondern auch bei Testfahrten im Kreis Borken. Dabei habe man auch festgestellt, dass die ein oder andere „Zukunftsmusik“ schnelle 5G-Technik brauche, viele Neuerungen aber grundsätzlich auf Basis des quasi überall verfügbaren 4G-Netzes funktioniere. Welche Erkenntnisse des Projekts jetzt in den Alltag der Rettungskräfte und Notärzte einfließt, das steht noch nicht fest, auch weil die Krankenkassen als Finanziers des Rettungsdienstes letztlich das Sagen haben. Groetschel ist aber zuversichtlich, dass die Erkenntnisse und Methoden nicht nur Leben retten können, sondern auch Geld sparen. Schließlich seien jeder Tag Krankenhausaufenthalt, und jede dauerhafte Erkrankung oder Behinderung, die vermieden würden, auch ein Argument für den Einsatz.
Insgesamt neun Firmen, Hochschulen und Behörden sind an dem Projekt beteiligt, darunter neben dem Kreis Borken auch das Aachener Institut für Rettungsmedizin und zivile Sicherheit, die Fachhochschule Südwestfalen, und die Westfälische Hochschule, die Feuerwehr- und Rettungsdienstakademie Bocholt (FRB) und das Klinikum Westmünsterland. „Das war schon ein besonderes Projekt. Das hat man in der Vielfalt der Beteiligten selten“, sagt Michael Weitzell, Stabstellenleiter im Kreishaus. Das Konsortium bekam für den Zeitraum 12/2021 bis 12/2024 vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr Mittel für das Programm „5G Telerettung“ bewilligt. Das Projektvolumen lag bei vier Millionen Euro, davon waren rund 3,5 Millionen Euro Fördermittel. Details zum Projekt gibt es unter www.5g-telerettung.de/
Autor des Artikels ist Herr Josef Barnekamp von der Borkener Zeitung. Erschienen ist der Beitrag im Februar 2025 in der Borkener Zeitung sowie im Bocholter-Borkener Volksblatt.
In Kürze werden Sie hier auch die Kurzfassung der Ergebnisse/ Erkenntnisse des Forschungsprojektes veröffentlicht finden.
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