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Die 5g-Technik

Der Mobilfunkstandard 5G setzt neue Maßstäbe

Übertragungsraten von mehr als 1 Gbit/s, eine deutlich höhere mögliche Dichte von Geräten sowie schnellere Reaktionszeiten sind die Basis von Anwendungen der Zukunft, die in vielen Lebens- und Wirtschaftsbereichen zum Tragen kommen werden. So auch in der Telemedizin.

In den vergangenen Jahrzehnten sind die Anforderungen an die Mobilfunknetze ständig gestiegen. Parallel dazu gab es einen deutlichen Fortschritt bei der Mobilfunktechnologie. So wurde etwa alle 10 Jahre eine neue Mobilfunkgeneration eingeführt, die über jeweils neue Technologien mit deutlich erhöhter Leistungsfähigkeit mehr Kommunikationsmöglichkeiten bereitgestellt hat bzw. bereitstellt.

Generationen von Mobilfunksystemen und die maximal erzielbare Datenrate 5G

In der ersten Generation Mobilfunk (1G) wurden analoge Übertragungstechniken verwendet. Weltweit und europaweit gab es eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme (z.B. das C-Netz in Deutschland), die nicht miteinander zusammengespielt haben. Um dieses Problem zu lösen, wurde zunächst als europäisches System GSM (Global System for Mobile Communications) konzipiert und standardisiert, welches sich dann rasch als weltweit führende Technologie der 2. Generation Mobilfunk durchgesetzt hat, ständig weiterentwickelt wurde und derzeit immer noch aktiv ist. Mit der 3. Generation Mobilfunk (UMTS: Universal Mobile Telecommunications System) begann die weltweite Standardisierung von Mobilfunksystemen im Rahmen des 3rd Generation Partnership Projects, das auch die Standardisierung der nachfolgenden Generationen übernommen hat.

Bei dem 3rd Generation Partnership Project (3GPP) handelt es sich um einen Zusammenschluss von Standardisierungsorganisationen aus Europa (ETSI), USA, China, Japan, Korea und Indien. Etwa alle 1 – 2 Jahre gibt das 3GPP eine neue Release heraus, in der neue Leistungsmerkmale der Systeme standardisiert werden. Mit Release 8 im Dezember 2008 gab es den ersten Standard für 4G/LTE, mit Release 15 erschien 2019 der erste Standard für 5G.

Bei der Entwicklung der Systeme der ersten, zweiten und dritten Generation standen die von Menschen direkt genutzten Kommunikationsanwendungen im Vordergrund (Telefonie, Kurzmitteilungen, Internet-Recherche, Email, Video). 4G/LTE nahm dann vermehrt auch die Kommunikation zwischen Maschinen bzw. Dingen in den Blick (M2M, IoT). Bei 5G wurde die Leistungsfähigkeit gerade in Hinblick auf dieses Anwendungsfeld noch einmal deutlich gesteigert (geringere Reaktionszeiten, höhere Zuverlässigkeit der Datenübertragung, mehr vernetzte „Dinge“ pro Fläche).

Mit den Generationen erhöht sich auch die mit der jeweiligen Technologie maximal erzielbare Datenrate exponentiell (siehe Bild 1). Zu betonen ist, dass diese maximalen Datenraten, die gerne vom Marketing in die Öffentlichkeit getragen werden, nur unter äußerst günstigen Umständen zu erzielen sind. Welche Datenrate in der Praxis tatsächlich erreichbar ist, hängt ab:

  • vom Empfangspegel am Ort der Nutzung
  • vom Frequenzspektrum, das am Mobilfunkstandort eingesetzt wird
  • von der Auslastung des Netzes (Teilung der Ressourcen)
  • von Störungen aus anderen Funkzellen
  • vom verwendeten Endgerät
  • von den vertraglichen Randbedingungen

Erste Überlegungen zu 5G begannen bereits Anfang der 2010er-Jahre. Gesteuert wurde der Entwicklungsprozess seitens der International Telecommunications Union (ITU), einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Die wesentlichen Anforderungen – z.B. an Datenraten und Latenz – wurden 2017 fixiert. Wie schon bei 4G/LTE erfolgte die Standardisierung über das 3rd Generation Partnership Projekt (s.o.). Die erste Version des 5G-Standards wurde 2019 verabschiedet (3GPP Release 15), Erweiterungen und Verbesserungen erfolgten in den Releases 16 (2020) und Release 17 (2022). Release 18 soll in 2024 verabschiedet werden.

In Deutschland wurde die 5G-Technik in den Mobilfunknetzen Ende 2020 eingeführt. Bis Ende 2021 wurden bereits 30000 Mobilfunk-Standorte mit 5G-Technik ausgerüstet.

Ein Treiber bei der Entwicklung bei 5G war das ständig steigende Datenaufkommen in Mobilfunknetzen, was zum überwiegenden Teil auf Videoanwendungen durch Privatkunden zurückzuführen ist. Qualitativ hochwertige Multimedia-Dienste erfordern höhere Datenraten und eine höhere Netzkapazität. Andererseits zeigte sich auch, dass Privatkunden nicht bereit sind, dafür mehr zu bezahlen.

Insofern kann sich die Einführung von 5G für den Mobilfunkbetreiber nur lohnen, wenn die Investitions- und Betriebskosten für die neue Technologie geringgehalten (Verwendung von Standard-Hardware und flexibler Software) und wenn neue Geschäftsfelder mit zahlungsbereiten Kunden erschlossen werden können.

Generationen von Mobilfunksystemen und die maximal erzielbare Datenrate

5G-Anwendungsszenarien und Anforderungen

So standen bei der Konzeption von 5G zum einen Verbesserungen bei den schon aus LTE gekannten Anwendungen, aber auch völlig neue Anwendungen zugeschnitten auf Geschäfts- und Industriekunden im Blickpunkt (man spricht von „Vertikalen Industrien“). Einige davon sind in den im Bild 2 gezeigten Dreieck der drei grundsätzlich verschiedenen Nutzungsszenarien aufgeführt.

An der oberen Spitze des Dreiecks befinden sich die Erweiterungen der bisherigen multimedialen Smartphone-Anwendungen, bei denen es um hohe Datenraten geht. Besonders wichtig für neue Geschäftsfelder sind die unteren beiden Ecken des Dreiecks: Hier stehen in zwei verschiedenen Ausprägungen Internet-of-Things-Anwendungen bzw. Machine Type Communications im Blickpunkt.

Nähere Informationen zu den drei Anwendungsbereichen findet man im Folgenden:

enhanced Multimedia Broadband (eMBB)

Bei diesem Anwendungsspektrum geht es um Multimedia-Dienste, die eine hohe Datenrate erfordern.

  • 5G soll theoretisch Spitzendatenraten von 20 Gbit/s im DL und 10 Gbit/s im UL bieten. Dies ist aber nur mit großen Frequenzbandbreiten, wie sie im in Deutschland noch nicht genutzten Frequency Range 2 oberhalb von 20 GHz zur Verfügung stehen, möglich.
  • Mit den derzeitig (2022) verfügbaren Frequenzbändern lässt sich maximal eine Spitzendatenrate von etwa 1 – 2 Gbit/s erzielen.
  • Bei schlechten Funkausbreitungsbedingungen und hoher Netzauslastung sind die zu erwartenden Datenraten auch bei 5G deutlich niedriger. Die Netzplanung sollte so ausgelegt sein, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit (z.B. 95%) eine Datenrate von 100 Mbit/s (im DL) erreicht werden kann. Dies bezeichnet man als User Experienced Data Rate.

massive Machine Type Communications (mMTC)

Bei diesem Anwendungsspektrum geht es darum, eine sehr große Anzahl von Sensoren und Aktoren pro Fläche effektiv über Funk anzubinden (z.B. Sensoren für Umweltmessungen oder Anzeige freier Parkplätze in einer Stadt). Die zu übertragende Datenmenge pro Station (Sensor/Aktor) ist i.A. sehr gering. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Datenübertragung. Die Herausforderungen liegen in der

  • Verwaltung einer sehr großen Anzahl von Stationen pro Fläche (1 Mio. pro km2)
  • effektiven Übertragung einer großen Menge kleiner Datenpakete und der Vermeidung eines großen Signalisierungsoverheads
  • Verwendung kostengünstiger Funkmodule, die spezielle Stromsparmechanismen (Sleep Modes) nutzen.

Ultra Reliable Low Latency Communictions (URLLC)

Dieser Bereich stellt die größte Herausforderung dar. Er soll die Anwendungen zur Steuerung von Maschinen und Geräten ermöglichen, die ein sehr hohes Maß an zuverlässiger Datenübertragung mit sehr geringen Übertragungsverzögerungen benötigen (z.B. Steuerung von Fahrzeugen, Energienetzen oder Industrieproduktionen oder Fernoperationen). Gefordert sind:

  • Latenzen (Verzögerungszeiten) kleiner 1 ms
  • Eine Übertragungssicherheit besser als 99,999 %

Dabei ist zu beachten, dass sich diese Anforderungen bei 5G auf die Übertragung kleiner Datenpakete (60 – 100 Byte) zwischen dem User Equipment UE und der Basisstation (gNodeB) bei geringer Netzauslastung beziehen.

Zu betonen ist, dass sich die sehr unterschiedlichen Leistungsanforderungen dieser drei Anwendungsbereiche in ihrer maximalen Ausprägung nicht gleichzeitig realisieren lassen: Ein Netz, bei dem 1 Million Stationen mit 20 Gbit/s Daten empfangen bei einer Latenz von 1 ms, ist in keiner Weise realisierbar.

Schaubild der 5G-Anwendungsszenarien und Anforderungen

Schaubild der 5G-Anwendungsszenarien und Anforderungen
In Anlehnung an: ITU-R: M.2083-0, IMT Vision – Framework and overall objectives of the future development of IMT for 2020 and beyond, Sept. 2015

Realisierung kundenspezifischer Anforderungen durch Network Slicing

Möchte ein Geschäfts- bzw. Industriekunde eine oder mehrere der in Bild 2 illustrierten Anwendungen (oder auch andere) nutzen bzw. seinen eigenen Kunden (gegen Gebühr) anbieten, so ist er sicher nur dann bereit viel Geld dafür zu bezahlen, wenn seine Anforderungen an Versorgung, Kapazität und Dienstqualität durch den Netzbetreiber garantiert werden können. Entsprechende verbindliche Regelungen zwischen Geschäftskunden und Netzbetreiber werden in sogenannten Service Level Agreements (SLA) festgeschrieben.

In 5G kann dies u.a. dadurch umgesetzt werden, dass ein Netzbetreiber auf seinem physikalischen Netz (Standard-Hardware mit flexibler Software) für die Anwendungen bzw. Kunden mit ihren sehr unterschiedlichen Anforderungen mehrere logisch getrennte Netze realisiert (siehe Bild 3). Dafür müssen jeweils die notwendigen Ressourcen (Funkkanäle, Rechenleistung, Funktionalitäten) reserviert werden. Die logisch getrennten Netze können von Netzbetreiber, den jeweiligen Geschäftskunden oder von ihnen dafür beauftragten Firmen betrieben werden. 

Diese als Network Slicing bezeichnete Methode auf einem physikalischen Netz mehrere logisch getrennte Netze für verschiedene Anwendungsbereiche zu betreiben, um damit deren Qualitätsanforderungen zu garantieren, ist eines der ganz wesentlichen Leistungsmerkmale von 5G. So könnte z.B. auch eine spezielle Network Slice für Feuerwehr und Rettungsdienste eingerichtet werden.

Schaubild der 5G-Systemarchitektur und Network Slicing

Schaubild der 5G-Systemarchitektur und Network Slicing

Campusnetze

Die Mobilfunktechnologie 5G kann nicht nur als öffentliches Netz, sondern auch als privates Netz auf einem Firmengelände, auf Grundstücken von Institutionen oder landwirtschaftlichen Flächen betrieben werden. Man spricht in diesem Fall von Campusnetzen. Für solche Campusnetze können die Unternehmen, Institutionen oder Landwirte Frequenzblöcke bei der Bundesnetzagentur in den Frequenzbereichen bei 3,7 GHz oder bei 26 GHz beantragen. Die Gebühren hängen von der beantragten Bandbreite, der Laufzeit und der Größe der Fläche ab. (Bei 3,7 GHz, 100 MHz Bandbreite und einem Firmengelände (bebautes Gebiet) von 4 ha oder einer landwirtschaftlichen Fläche von 40 ha betragen die Gebühren etwa 3000 €).Auf dem eigenen Gelände können dann die Institutionen ein maßgeschneidertes vollständiges 5G-Netz mit Basisstationen sowie einem Kernnetz aufbauen und in dem genehmigten Frequenzbereich betreiben. Eine alternative Methode für ein Campusnetz besteht darin, sich im öffentlichen Mobilfunknetz von einem der Betreiber eine Network Slice einrichten zu lassen und diese zu mieten.

5G-Frequenzbereiche und 5G-Versorgung in Deutschland

Bei 5G wird zwischen dem Frequency Range 1 (FR1) und Frequency Range (FR2) unterschieden:

  • FR1: 0,4 – 7,1 GHz
  • FR2: 24,3 – 74,0 GHz

In FR2 steht sehr viel Spektrum und damit auch sehr viel Kapazität für hohe Datenraten zur Verfügung. Andererseits sind bei den hohen Frequenzen die Funkausbreitungsbedingungen deutlich schwieriger als bei dem FR1.
In den deutschen öffentlichen Mobilfunknetzen ist derzeit (2022) nur FR1 im Einsatz. Ein reines 5G wird nur im Band bei 3400 – 3700 MHz – hauptsächlich in städtischen Gebieten betrieben.

In den in eher ländlichen Gebieten zu findenden Frequenz-Bändern bei 700 MHz, 800 MHz, 1800 MHz und 2100 MHz erfolgt ein Dynamic Spectrum Sharing (DSS): Die Ressourcen werden dynamisch zwischen 4G und 5G aufgeteilt, abhängig davon, wie viele 4G- bzw. 5G-fähige Endgeräte in der jeweiligen Funkzelle Daten austauschen möchten. Da in diesen Bändern weniger Spektrum zur Verfügung steht (gerade bei 700 MHz), lassen sich damit keine hohen Datenraten und damit beiten nicht die volle 5G-Leistungsfähigkeit erzielen.

Karten und Statistiken zur Versorgungslage findet man bei der Bundesnetzagentur (Mobilfunk-Monitoring, www.breitband-monitor.de/mobilfunkmonitoring). Einige wichtige Werte sind in der folgenden Tabelle 1 zusammengefasst.

Autor

Prof. Dr. rer. nat. Christian-Friedrich Lüders
FB Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften
Fachhochschule Südwestfalen/ Meschede


Deutschland
(gesamt)

Kreis
Borken

2G/GSM

99,6 %

100 %

4G/LTE

96,2 %

99,4 %

5G-DSS

55,8 %

82,6 %

5G

7,6 %

56,9 %

Funklöcher

0,4 %

0,0 %

weiße
Flecken

3,8 %

0,6 %

graue
Flecken

6,4 %

10,6 %

2G … 5G: von irgendeinem Betreiber mit der Technologie versorgt
Funkloch: von keinem Betreiber mit keiner Technologie versorgt
weißer Fleck: nicht mit 4G oder 5G oder 5G-DSS versorgt
grauer Fleck: nur von 1 Betreiber mit 4G oder 5G oder 5G-DSS versorgt

Mobilfunkversorgung lt. Bundesnetzagentur, Mobilfunk-Monitoring (Juli 2022)

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